Sicher schlafen und aufwachen: Effiziente Überwachung der Narkose

Ein neues Monitoringsystem soll künftig die Narkose sicherer machen. Im Validierungsvorhaben PHOTOFOL wird ein Verfahren zur Überwachung der Wirkstoffkonzentration eines gängigen Narkosemittels in der Atemluft überprüft.

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© Klinik für Anaesthesiologie der Universität München

In Deutschland werden jährlich über acht Millionen operative Eingriffe unter Vollnarkose durchgeführt. Ein dabei sehr häufig eingesetztes Narkosemittel ist Propofol, das im Vergleich zu gasförmigen Anästhetika besser verträglich ist und weniger Nebenwirkungen aufweist. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass beim Einsatz von Propofol das Risiko für unerwünschte Wachheit während der Narkose („Awareness“) erhöht ist. Insgesamt treten Wachphänomene sehr selten auf, für Patienten ohne besonderes Risiko geht man heute bei 1.000 Narkosen von ein bis zwei Fällen aus. Die Folgen für betroffene Patienten sind jedoch zumeist gravierend. Die als Schreckensszenario erlebte Wachheit während eines operativen Eingriffs kann posttraumatische Belastungsstörungen mit Angstzuständen und Schlafstörungen bis hin zu Depressionen mit Suizidalität auslösen. Eine häufige Ursache für Wachheit während eines operativen Eingriffs ist eine nicht ausreichend hohe Dosierung oder eine unbeabsichtigte Unterbrechung der Zufuhr des Narkosemittels. Dies rechtzeitig zu erkennen, ist insbesondere im Fall von Propofol schwierig, da eine kontinuierliche Überwachung des Wirkspiegels während der Narkose bei dieser Substanz bislang nicht möglich ist. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinik für Anaesthesiologie der Universität München (LMU) und des Fraunhofer-Institut für Bauphysik entwickeln im Rahmen des Validierungsprojekts PHOTOFOL eine Lösung für dieses Problem.

Die Anforderungen an ein System zur Routineüberwachung des Propofol-Wirkspiegels sind hoch. Damit es mühelos in den OP-Alltag integriert werden kann, sollte es robust, kompakt und einfach zu reinigen sein. Es muss zuverlässig sehr genaue Messwerte in Echtzeit liefern und darf den Patienten nicht zusätzlich belasten. Das PHOTOFOL-Team hat photoakustische Sensoren entwickelt, die bereits einige dieser Anforderungen erfüllen. Der photoakustische Effekt wurde im Jahr 1880 erstmals von Alexander Graham Bell beschrieben und beruht auf der Umwandlung von Lichtenergie in Schallenergie. Wird ein Medium in regelmäßig wiederholten Abständen mit Licht einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt, kommt es zu einer periodischen Anregung von Molekülen, die das Licht absorbieren und wodurch ein Schallsignal erzeugt wird. Das bereits bestehende Labormuster der photoakustischen Zelle von PHOTOFOL misst 11 cm x 6 cm x 4 cm und ermöglicht die kontinuierliche Messung der Propofol-Konzentration in der Ausatemluft der Patienten, über die auf den Propofol-Wirkspiegel geschlossen werden kann.

Ziel des Validierungsvorhabens PHOTOFOL ist es einen Demonstrator zu entwickeln und zu testen, der im Operationssaal anwendbar ist. Gelingt dies, dann kann eine Unterdosierung von Propofol – zum Beispiel ausgelöst durch eine zufällige Unterbrechung der Zufuhr – künftig umgehend erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Das Risiko für Wachphänomene sinkt und die Patientensicherheit steigt. Aufgrund seiner guten Eigenschaften wird Propofol auch zunehmend zur Sedierung von Patienten auf der Intensivstation eingesetzt, hier ist ein Einsatz des neuen Monitoringsystems ebenfalls denkbar.

Weitere Informationen zum Projekt PHOTOFOL