Ein interaktives Lehrbuch mit dem man naturwissenschaftliche Experimente realitätsnah durchführen kann – das war die Grundidee der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Didaktik der Physik im Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin.
Die Inhalte des Lehrbuchs sollten außerdem von Lehrenden und Lernenden selbst individuell zusammengestellt werden können. Ein Medium, das sie um ihr Wissen und ihre Erfahrung erweitern können. Alle Inhalte, Werkzeuge und Daten sollten modular miteinander verknüpft werden. Und es soll virtuelle Zugänge zu Räumen in der Realwelt geben: Zu großen Fachlaboren etwa, die sonst nicht zugänglich wären. All das ist mit dem Technology Enhanced Textbook – kurz TET – wahr geworden: Nutzerinnen und Nutzer können von überall her auf eine Onlineplattform zugreifen, um realitäts- und alltagsbezogen zu lernen, zu experimentieren und ihre Kompetenzen zu erweitern.
Die Medienplattform, das sogenannte „Interaktive Bildschirmexperiment“ (IBE), war bereits 1996 entwickelt worden und ist seitdem zu einer multimedialen Repräsentationsform realer natur-wissenschaftlicher Experimente gereift. Es ermöglicht Anwendern, am Bildschirm fotografisch dargestellte Experimente realitätsnah durchzuführen und dazu ein entsprechendes Feedback aus Fotos, Tönen und realen Daten zu bekommen. Mit den „Interaktiven Bildschirmlaboren“ (IBL) – einem weiteren Modul in TET - können die Anwender in realen Forschungslaboren mit Hilfe des IBE experimentieren und Versuche durchführen, die ansonsten zu kostspielig, gefährlich oder aufwändig wären.
Nun ging es also darum, die Bausteine so miteinander zu verknüpfen und aufzubereiten, dass die vielfältig vorhandenen Bildungsressourcen auch verfügbar gemacht werden. Über eine öffentliche zugängliche Online-Plattform sollen Partner aus Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft diese interaktiv nutzen können.
Mit Hilfe des Förderprogramms „Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“ (VIP) wurde dieses „Lehrbuch der Zukunft“ als didaktisch-technologische Innovation in Hinblick auf den didaktischen Nutzen und ihre Anwendbarkeit in der Breite untersucht.
Im Rahmen des „Technology Enhanced Textbooks“ (TET) wurden auf dieser Grundlage zahlreiche Demonstratoren entwickelt, um die Anwendungen zu nutzen, zu verbreiten und zu erweitern. Die weiterentwickelte Web-Applikation „tet.folio“ ermöglicht es beispielsweise, Bildungsbausteine verschiedener Anbieter und Nutzer bereit zu stellen. Mit den Werkzeugen in tet.folio lassen sich interaktive Online-Medien einfach selbst herstellen und teilen. Über den tet.room sind sie dann über unterschiedlichste Endgeräte sogar fernbedienbar und können auch mit realen Experimenten wie z. B. in Museen oder Ausstellungen vernetzt werden.
Aktuell wird die TET-Technologie bereits im Spectrum, dem Science Center des Deutschen Technik Museums in Berlin, erfolgreich angewendet, um Besuchern naturwissenschaftliche Phänomene zu erläutern und näher zu bringen.
Die Vision geht aber noch weiter: Vielleicht ist es eines Tages möglich, eine universell nutzbare Bildungsplattform für Schulen, Hochschulen und Partner zur Verfügung zu stellen. Dann könnten Bildungsressourcen aus Wissenschaft, Medien, Bildungseinrichtungen und Wirtschaft als digitale Bausteine für alle bereitgestellt und miteinander vernetzt werden. So könnte praxisnaher Unterricht Wirklichkeit werden, der aus einem riesigen Wissens- und Erfahrungspool schöpft. Und der sowohl die Selbstlernkompetenz fördert als auch auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden eingeht – damit Lernen zukünftig für alle praxisnah und zeit- und ortsunabhängig möglich ist.